Beruf und Berufung

Veronika Kartnig pendelt zwischen Grafikbüro und Alp

Neun Monate im Jahr geht Veronika Kartnig als selbständige Grafikerin ihrer kreativen Ader nach. Von Juli bis September zieht es sie mit ihrem Mann und den zwei kleinen Kindern auf die Alpe Garnera, wo einst die Romanverfilmung von „Schlafes Bruder“ entstanden ist. Der abrupte Wechsel in eine gänzlich andere Welt ist auch ein Weg vom Beruf zur Berufung. „Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, diese sagenhafte alpine Kulturlandschaft zu bewahren. Dazu möchten wir unseren Beitrag leisten.“ Dass man sich in 1.700 Meter Höhe auch auf die Kunst des Käsemachens bestens versteht, ist eine überaus schmackhafte Begleiterscheinung.

Älplerin zu sein ist kein Honiglecken. Tagwache ist schon vor 5 Uhr. Noch vor dem Frühstück wollen die 30 Kühe erstmals gemolken werden. Danach geht es mit dem Vieh auf die Weide, was im Garnera zum steilen Vergnügen werden kann. Sind die Tiere auf der Weide, wartet die Milch: Käsen, buttern – typische Sennereiarbeit, der sich Veronika und ihr Mann Christian, im „richtigen“ Leben Programmierer, verschrieben haben.



„Die Gäste suchen bei uns das Ursprüngliche. Deshalb kommen sie ins Montafon.“

Veronika Kartnig aus Gaschurn

Sura Kees

Ihre Spezialität ist Montafoner Sura Kees, ein Magermilchkäse aus Kuhmilch. Eine lokale Institution, deren Herstellung bis ins 13. Jahrhundert zurück verfolgbar ist. Für alle, die das Vergnügen noch nicht hatten: „Montafoner Sura Kees ist ein bisschen wie Topfen, mild säuerlich und sehr aromatisch“, gibt Veronika Kartnig Nachhilfeunterricht für Natur-entwöhnte Großstädter. Die sind übrigens wie alle anderen Besucher im Garnera gern gesehen – die Älpler freuen sich über jeden, der Interesse an ihrer Arbeit hat. 

Eine Zeit lang wurde die Milch von der Alp ins Tal gebracht und an die Molkerei verkauft. Heute verarbeiten sie die Kartnigs wieder selbst vor Ort – neben Käse stehen Butter, Joghurt und Topfen auf dem Produktionsplan. Sehr zur Freude der vorbeikommenden Wanderer, die von Veronika „mit wirklich regionalen Produkten“ verpflegt werden. „Dieses Ursprüngliche ist etwas, was die Gäste suchen. Deshalb kommen sie ins Montafon.“

Aufklärung

Genau dieses Ursprüngliche zu bewahren, ist die Mission von Veronika Kartnig. „Das Montafon ist aus der Landwirtschaft heraus entstanden und durch den Tourismus gewachsen.“ Das Bäuerliche sei aber immer mehr in den Hintergrund geraten. Dabei könne nur mit einer aktiven Berglandwirtschaft „diese wunderbare alpine Kulturlandschaft in ihrer Vielfalt erhalten werden“.

Dass es immer schwerer werde, bereitet Veronika Kartnig, die selber auf einem Bauernhof aufgewachsen ist und schon als Kind ihrer Cousine im Garnera half, Sorgen. „Es gibt immer weniger Landwirte. Dabei hängt so viel an ihnen. Die, die noch da sind, können nicht alles abdecken.“ Diesen Rückgang aufzuhalten sei kein einfaches Unterfangen. „Aber es ist die gemeinsame Verantwortung von uns allen im Tal, unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlage zu bewahren. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, auf regionale Produkte zu setzen.“ Dies helfe nicht nur den Landwirten, sondern bringe auch den Betrieben einen Mehrwert, da die Gäste diese Produkte immer mehr schätzen.

Bis der Tag im Garneratal zu Ende ist und die letzte Kuh wieder im Stall steht, ist die sommerliche Abendsonne längst hinter den Bergen verschwunden. „Danach gehst du gerne ins Bett“, sagt Veronika Kartnig. Wie schon eingangs erwähnt: Einfach ist das Älplerleben nicht. „Aber es lohnt sich.“