Ein sagenhaftes Erlebnis

Vor einigen Wochen ging ich auf dem Kristberg spazieren und kehrte im Panoramagasthof Kristberg ein, um noch die letzten Sonnenstrahlen auf der herrlichen Terrasse zu genießen. Ich habe mich gerade beim Wirt und Inhaber der Bergbahn, Jürgen Zudrell, über die angebotenen Erlebnisse auf dem Kristberg informiert. Er erzählte mir von all den Sagen und Geschichten die hier verortet sind und stellte mir Hertha Glück vor – die Wanderführerin der Vollmond-Sagenwanderung auf dem Kristberg. Sie war gerade auf dem Weg zur Bergstation, um ihre Gäste für die Wanderung ab zu holen. Eine sehr sympathische und interessante Persönlichkeit, das kann ich Euch sagen! Noch im Gespräch wurde mir klar, dass ich unbedingt auf diese Vollmond-Sagenwanderung gehen möchte. Mythologie, Sagen und Geschichten haben mich bereits als Kind fasziniert und hat sich bis heute nicht verändert.

Vollmond-Sagenwanderung Impression #1

Endlich ist es so weit!

Zum Glück teilt meine beste Freundin mein Interesse für Sagen und Erzählungen. Am Freitag fuhren wir dann gemeinsam zum Genießerberg Kristberg. Wir waren beide schon sehr aufgeregt und haben uns riesig gefreut, dass es endlich so weit ist. Leider war das Wetter alles andere als traumhaft. Dichter Nebel hing in den Baumwipfeln und trübte die sonst so wundervolle Sicht auf den Kristberg. Die Hoffnung, dass es auf der Bergstation lichter würde, war vergebens. Auch auf dem Berg versperrte uns der Nebel die Weitsicht ins Tal und den Blick auf die umliegenden Gipfel. Wir hielten Ausschau nach dieser quirligen, buntgekleideten Persönlichkeit, die ich beim Panoramagasthof kennengelernt hatte, bis auf einmal eine herzliche Männerstimme uns begrüßte. Der äußerst schick gekleidete Mann namens Roland passte perfekt in die Welt der Sagen und Geschichten, wie aus einem Märchenbuch. Seine freundliche und witzige Art, gab einem das Gefühl, sich schon seit Ewigkeiten zu kennen.

 

Wir durften uns einen Wanderstock aussuchen, der uns durch den rutschigen Schnee begleiten sollte. Nach einem kurzen Spaziergang wurde auch schon die erste Sage zur Entdeckung des Alpenerzes auf dem Kristberg erzählt. Roland war völlig in seinem Element. Man spürte förmlich seine Begeisterung für die alten Sagen. Die Geschichten fühlten sich unfassbar real an. Als ob all die Erzählungen erst gestern hier an diesem Ort, an dem ich stehe, passiert wären. Dann gab es für uns ein schier unlösbares Rätsel, doch mit vereinten Kräften haben wir es geschafft. Wir konnten die glasklare, durchsichtige Flüssigkeit in der Flasche identifizieren – Walnussschnaps! Na dann, „Wohl auf!“ oder „Glück auf!“ wie die Bergknappen zu sagen pflegten! Ein stamperl Schnaps gehörte früher zum geselligen Beisammensein einfach dazu. Ebenso wie ein Bündel Salbei, dass beim Betreten einer Wohnung in den Kamin geworfen wurde. Durch die desinfizierende Wirkung des Salbeis wurde so Krankheiten vorgebeugt und die Luft gereinigt.

Die Alte Säge

Ein paar Meter weiter standen wir vor der Alten Säge. Dort wartete auch schon Hertha auf uns. Nach einer kleinen Kräuterkunde, durften wir dann die nächste Sage, von Hertha selbst vorgetragen, hören. Als wir in die Alte Säge gingen, warteten dort gemütlich hergerichtete Bänke mit jeder menge Kuscheldecken auf uns. Wir lauschten Herthas lebensfroher Stimme und ließen unsere Fantasie, in Gedanken, die buntesten Bilder zu den Sagen malen.

Der alte Bauer, der durch bauchhohe Schneefelder stapft, um seinen Sohn zu finden und sich auf einer saftigen, blühenden Wiese am Gipfel des Berges wiederfindet, neben grasenden Kühen und zwitschernden Vögeln. Aber auch der junge Bauerssohn ist in meinem Kopf geblieben. Wie er jeden Tag seiner verlorenen Liebe nachruft und hofft, dass sie eines Tages zu ihm zurückkehrt.

Von Roland haben wir zwei Walnussschalenhälften bekommen. In diese haben wir unsere Sorgen und Ängste eingesperrt. Was mit den Nüssen dann wirklich passierte erzähle ich Dir nachher. Wie die Leute damals im Montafon, haben auch wir uns einen Leib Brot geteilt und mit einem Schnäpschen angestoßen, bevor es zur St. Agatha Knappenkapelle weiterging. 

Vollmond-Sagenwanderung Impression #1

Auf dem Weg dahin hat uns Gerhard, Herthas helfende Hand, Stinkende Nieswurz gezeigt, die bereits ihre hübschen Köpfchen herausstreckten als auch die frischen Flechten, die an den Fichten hinunter hingen. Unsere Sorgennüsse haben wir auf dem Weg hinter uns gelassen, genauer gesagt, sie über die Schulter nach hinten weggeworfen.

St. Agatha Knappenkapelle

Neben dem Panoramagasthof Kristberg war ein Weg mit Fackeln gekennzeichnet, der uns zu der alten Knappenkapelle führte. In der Kapelle wartete Adolf Zudrell auf uns in alter, geschichtsträchtiger Knappentracht und einem leckeren Punsch. Die Kapelle wurde um das 14. Jahrhundert von den Bergmännern errichtet. Die Frauen sorgten für die prunkvolle Dekoration und malten die heiligen Bilder, die bis heute erhalten geblieben sind.

Im Dunkel der Nacht gingen wir den mit Fackeln beleuchteten Weg zum Panoramagasthof Kristberg zurück. Dort gab es ein leckeres, und vor allem sagenhaftes, drei Gänge Menü. Als kleines Geschenk hat jeder von uns ein kleines, selbstgemachtes Kräutersalz von Hertha bekommen. Das Menü war natürlich nicht zufällig ausgewählt. Zu den Gerichten hat uns Hertha eine passende Sage erzählt. Teilweise erkannten wir die Vernetzung zu bereits gehörten Sagen in der Alten Säge. Auf dem Tisch standen gut gefüllte Gläser mit Kräutern und Blumen, die würzig-süßlich rochen. Beim Lagerfeuer nach dem Essen durfte jeder eine Handvoll der Mischung in das Feuer geben und seine Botschaft somit in den Himmel aufsteigen lassen. Meine Botschaft bleibt aber jedoch mein Geheimnis 😉.

Die Nacht war dunkel und der Vollmond strahlte hell, als wir zur Bergstation zurückgelaufen sind. Der dichte Nebel hat sich verzogen und der Blick ins Tal war somit frei. Wir konnten einen Blick auf die vielen kleinen Lichter in den Häusern im Tal werfen. Die Berge waren in blauem Farbton gehüllt, aber dennoch hat jeder Berg seinen eigenen Farbton hervorgebracht. Die letzte Sage gab es in der Gondel während der Talfahrt. Ein krönender Abschluss eines sagenhaften Abends. Ich hätte mir keine besseren Wanderführer vorstellen können als die drei, die mit Leib und Seele für diese Sagen und Geschichten hier im Montafon brennen und leben.

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