Mein perfekter Herbsttag im Montafon

Acht Uhr fünfzehn, die Wolkendecke öffnet sich und die ersten Sonnenstrahlen seit langem brechen langsam durch. Ich warte an der Talstation der Kristbergbahn in Silbertal auf meine Freunde und genieße dieses kribbelige Gefühl der Vorfreude. Da kommen sie auch schon, gut ausgerüstet mit Rucksack, Jacke und guten Schuhen. Die letzte Woche hat es viel geregnet, umso schöner ist es jetzt, die wärmenden Sonnenstrahlen des goldenen Herbstes genießen zu können.

Mein perfekter Herbsttag im Montafon Impression #1

Mit der Gondel absolvieren wir gemütlich die ersten Höhenmeter und lassen den ersten von vielen herbstlichen Waldabschnitten hinter uns. Von oben sehen wir, dass die Blätter bereits in gelb und rot Tönen erstrahlen und auch die Farne am Boden bereits ihr grünes Kleid abgelegt haben, um sich für den Winter bereit zu machen.  So langsam knurren unsere Mägen, die Vorfreude auf das köstliche Bergfrühstückt steigt. Auf dem Kristberg angekommen genießen wir erst mal den atemberaubenden Blick auf die umliegenden Gipfel, allen voran die imposanten Drei Türme. Das aufsteigende Licht taucht die angezuckerten Berge in eine mystische Szenerie. Zudem riecht es noch nach Regen und sogar schon etwas nach Schnee. Was für eine Kulisse!

Erster Stopp: Bergfrühstück

Der Panoramagasthof Kristberg ist nicht weit entfernt von der Bergstation. Scho nach ca. fünf Minuten Fußmarsch, begleitet von traumhaften Ausblicken auf die umliegende Bergwelt, sitzen wir in der gemütlichen Gaststube. Amrai – was für ein schöner und recht alter Name wie ich herausgefunden habe, zählt er doch zu den ältesten Mädchennamen im Montafon – hat uns zu unserem Tisch geführt und uns eine reichlich belegte Frühstücksplatte serviert.

Normalerweise ist ein großes Frühstücksbuffet aufgebaut, doch für uns hat Amrai eine leckere Platte voller Wurst- und Käsespezialitäten aus der Region zusammengestellt. Und eines darf bei einem richtigen Montafoner Bergfrühstück natürlich auf gar keinen Fall fehlen: der Montafoner Sura Kees – Ein idealer Energiespender für unsere spätere Wanderung, denn der Magerkäse enthält wenig Fett und dafür viel hochwertiges Eiweiß.

Kaum haben wir die Platte voller regionaler Köstlichkeiten verspeist, kommt Amrai mit einer Pfanne leckerem Brösl um die Ecke. Brösl ist ein typisches Frühstücksgericht im Montafon - sowie Pancakes bei den Amerikanern. Das kohlenhydratreiche Gericht gab den Bauern früher genug Kraft für die körperlich schwere Arbeit auf dem Feld oder im Wald – das können auch wir heute gut gebrauchen. Immerhin wollen wir nach dem Frühstück den Sagenwanderweg mit rund 15 Kilometer begehen.

Der Sagenwanderweg des Alpenmosaik Montafon

Diesen Sommer wurde von das neue Wanderwegekonzept „Alpenmosaik Montafon“ ins Leben gerufen. Dabei wurden keine neuen Wege im Tal geschaffen, sondern bereits vorhandene Wege mit der Geschichte und Geologie des Montafons aufgeladen. Auf dem Kristberg befinden wir uns im Verwall, einer der vier Erlebnisräume des Alpenmosaik Montafon. Dieser Gebirgszug zeichnet sich durch seine Unberührtheit und Einsamkeit aus.

Die Sorgen über Bord werfen

  • Wer wie ich die Stille sucht, um den oftmals hektischen Alltag zu entkommen, ist hier genau richtig. Auf dem Genießerberg Kristberg kann ich all die Sorgen und Gedanken vergessen, einfach nur sein und den Ausblick genießen.
Mein perfekter Herbsttag im Montafon Impression #1

Wie der Name es bereits erahnen lässt, lernen wir entlang des Sagenwanderweges einige der hier verorteten Sagen des Montafon kennen. Dabei markieren hölzernen Stehlen zehn sagenhafte Schauplätze und geben mithilfe ausklappbarer Schilder einiges Interessantes über die Geschehnisse preis. Wer will, kann über einen QR-Code noch mehr zur jeweiligen Sage und dem Ort erfahren. Der Sagenwanderweg führt an der St. Agatha Kapelle hinauf zum Kristbergsattel und weiter zum Bruderhüsli. Danach laufen wir den Wanderweg entlang, bis wir beim Aussichtspunkt Wildried angelangt sind. Eine echte Rarität im Alpenraum! Das im Herbst in leuchtende Orange-, Rot-Töne getauchte Wildried ist das höchstgelegene Hochmoor Europas und beherbergt aufgrund seiner Zusammensetzung eine Vielzahl an seltenen Pflanzen- und Tierarten. Um dieses sensible Ökosystem nicht zu zerstören, ist es wichtig, auf dem Wanderweg zu bleiben – auch wenn die große Wiesenfläche fast schon dazu einlädt, sich in Mitten der herbstlichen Farbenpracht nieder zu lassen. 

Mein perfekter Herbsttag im Montafon Impression #1

Noch kurz einen schluck vom eiskalten Bergwasser trinken und dann geht’s auch schon weiter für uns in den bunten Blätterwald. Es riecht immer noch leicht nach Regen, jetzt mischt sich der Duft jedoch mit etwas Würzigem. Das Moos auf den Steinen beginnt zu trocknen und auch die Erde erholt sich von den Regengüssen der letzten Tage. Ich bleibe stehen, schließe die Augen und atme tief durch. Denn die ätherischen Öle der Bäume sind vor allem nach dem Regnen sehr intensiv und tragen nachweislich zur Gesundheit bei.

Jausenzeit

Beim Burtschabach haben wir einen idealen Jausenplatz gefunden. Direkt am plätschernden Bach füllen wir unsere Trinkflaschen wieder auf und genießen gemeinsam unsere Jause. Keine Sorge, das Wasser im Montafon hat Trinkwasserqualität, auch eine heilende Kraft wurde ihm zugesagt. Im 17. Jahrhundert kamen Menschen von Nah und Fern um ihre Leiden hier in den Quellen in Silbertal auszukurieren. Auch heute noch sind die Quellen ein wichtiger Treffpunkt für die Silbertaler Bevölkerung.

Resilienz fördern

  • Kurz innehalten, durchatmen und sich bewusst werden welches Glück wir haben, an so einem schönen Ort zu sein – das stärkt die Resilienz und schafft langanhaltende Erinnerungen, die tausendmal schöner sind als ein schnelles Foto 😊.

Entlang des Baches und bunt gefärbten Büschen und Bäumen laufen wir weiter in Richtung hinteres Silbertal. Dabei ist das tosende Wasser nun unser steter Begleiter. Vorbei an einem kleinen Wasserfall und dem imposanten Berggipfel entscheiden wir uns dazu, beim Hasahüsli einzukehren und die Aussicht noch etwas zu genießen. Von dort aus laufen wir noch ca. eine Stunde der Litz entlang durch farbenfrohe Wälder zum Parkplatz bei der Talstation der Kristbergbahn. Dabei kommen wir auch am Teufelsbach vorbei, einer der zehn Schauplätze des Sagenwanderweges. Zum Glück hat der Pfarrer laut der alten Sage den Teufel gefunden und hoch zum Innerkappel geschleppt, um in dort in den heutigen Teufelsbach zu werfen. Denn wenn der Teufel von seinem Feuer weg ist und von Wasser umgeben ist, kann er keinen Schaden mehr anrichten. Somit konnten wir sorgenlos den Bach überqueren und nochmals unsere leckere Schokolade genießen. 😉

22.000 Schritte, 15 Kilometer und wundervolle Erinnerungen haben wir entlang des Sagenwanderweges gesammelt. Doch da geht noch mehr – was wäre ein perfekter Herbsttag ohne Montafoner Keesknöpfli? Wir fahren also nachhause, ziehen uns um und treffen uns im Bergerhof in Bartholomähberg zum Abendessen und natürlich auf einen „ghörigen Jass“.

Blicke sagen mehr als tausend Worte

Dieser Moment, das Herz klopft, die Mundwinkel ziehen sich nach oben und der Bauch kribbelt. Als Isabella uns die erste Pfanne Keesknöpli serviert, strahlen die Gesichter am Tisch. Es gibt nichts schöneres als ein deftiges Abendessen nach einem kunterbunten Herbstwandertag. Und das leckere Bergfrühstück ist ja auch schon eine ganze weile her 😉. Gut gestärkt mache ich mich jetzt bereit für den Jass. Ich bin nämlich keine gute Jasserin, musst Du wissen. Das traditionelle Kartenspiel wird in ganz Vorarlberg gespielt und hat verschiedene Spielvarianten wie Kreuzjass oder Bodenseejass. Mir gegenüber sitzt Franziska – ein echter Profi, wenn es ums Jassen geht. Von ihr habe ich noch so einige Tipps mitbekommen und auch Max hat sich noch zu uns dazu gesellt für einen „ghörigen Jass“.

Der gemütliche Abend war der krönende Abschluss des Tages, auch wenn ich beim Jassen nicht gewonnen habe 😉. Das was zählt sind die Erinnerungen, die für immer bleiben.

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